Flösselhecht
Gattung: Fische / SüßwasserFische / Knochenfische / Flösselhechte
Steckbrief
Deutscher Name: FLÖSSELHECHT
Lateinischer Name: Polypterus ornatipinnis
Lebensraum: Uferzonen und Überschwemmungs- gebiete von Flüssen
Futter: Würmer, Insektenlarven, Krebse, kleine Fische
Brutdauer: vier Tage
Gesamtlänge: bis 37 cm
Fortpflanzung: beim Ablaichen schiebt das Männchen seine Afterflosse unter das Weibchen, das die Eier einfach ausstösst
Allgemeines
Der Flösselhecht (Polypterus ornatipinnis) ist ein urtümlicher Süßwasserfisch aus Zentralafrika und gehört zur Familie der Flösselhechte. Auffällig sind seine länglichen Körper, die von kleinen, dachziegelartig angeordneten Schuppen bedeckt sind, sowie die markanten Flossenstrahlen am Rücken. Er atmet nicht nur über die Kiemen, sondern besitzt auch eine Lunge, wodurch er zeitweise außerhalb des Wassers überleben kann. Sein nachtaktives Verhalten und das charakteristische Muster machen ihn zu einem faszinierenden Bewohner von Flüssen und Seen im Kongobecken.
Aussehen
Der Flösselhecht besitzt einen langen, zylindrischen Körper, der von festen, dachziegelartig angeordneten Ganoidschuppen bedeckt ist. Charakteristisch sind die vielen kleinen Rückenflössel, die einzeln aufgerichtet werden können und ihm sein urtümliches Aussehen verleihen. Das Farbmuster besteht aus einer hellbraunen bis gelblichen Grundfarbe mit dunklen, unregelmäßigen Flecken und Streifen, die ihm Tarnung im trüben Wasser bieten. Die Brustflossen sind kräftig und dienen auch zur stützenden Fortbewegung am Gewässergrund, während die lange, bewegliche Zunge beim Beutefang hilft.
Verbreitungsgebiet
Der Flösselhecht (Polypterus ornatipinnis) ist vor allem im zentralafrikanischen Raum verbreitet. Sein Hauptvorkommen liegt im Einzugsgebiet des Kongo-Flusses, insbesondere in der Demokratischen Republik Kongo. Auch Nebenflüsse, stehende Altwasserarme und Überschwemmungsgebiete zählen zu seinen bevorzugten Habitaten. Die Art gilt als endemisch für diese Region und kommt außerhalb Afrikas nicht in freier Wildbahn vor.
Lebensraum
Der Flösselhecht besiedelt langsam fließende Flüsse, Sümpfe und Seen mit dichter Vegetation und weichem Untergrund. Er bevorzugt trübes, sauerstoffarmes Wasser, in dem er dank seiner zusätzlichen Lungenatmung überleben kann. Verstecke zwischen Wurzeln, Schilf und Treibholz spielen eine wichtige Rolle, da er dämmerungs- und nachtaktiv ist und tagsüber Schutz sucht. Während der Regenzeit zieht er häufig in überflutete Waldgebiete, wo er im seichten Wasser auf Nahrungssuche geht. Diese Anpassungsfähigkeit macht ihn zu einem Überlebenskünstler in wechselhaften tropischen Gewässern.
Verhalten
Der Flösselhecht (Polypterus ornatipinnis) ist überwiegend dämmerungs- bis nachtaktiv und hält sich tagsüber bevorzugt versteckt zwischen Wurzeln, dichter Ufervegetation oder Totholz auf. In den aktiven Phasen patrouilliert er gewässernah am Grund, nutzt Deckung konsequent aus und meidet offene, helle Wasserbereiche. Sein Verhalten ist stark vom Sauerstoffgehalt und der Trübung des Wassers geprägt: In warmen, sauerstoffarmen Perioden reduziert er die Aktivität und verlegt Beutegänge in kühlere Randzeiten.
Atmung & Oberflächenverhalten: Die Art kombiniert Kiemen- mit Lungenatmung. Sie steigt regelmäßig zur Oberfläche auf, um Luft zu schlucken – die Frequenz dieser „Luftzüge“ nimmt in hypoxischen Gewässern deutlich zu. Kurzzeitige Aufenthalte in extrem flachem, überflutetem Uferbereich sind typisch, solange die Haut feucht bleibt; bei Störung zieht sich das Tier schlagartig in die Deckung zurück.
Fortbewegung: Am Gewässergrund bewegt sich der Flösselhecht in ruhigen, stoßweisen Sequenzen fort. Er stützt sich dabei auffällig mit den kräftigen Brustflossen ab, „schreitet“ über den Untergrund und nutzt wellenförmige Körperbewegungen für kurze Sprints. Die Reihe kleiner Rückenflössel stabilisiert den Körper bei abrupten Richtungswechseln – ein Vorteil beim Ansitzen und schnellen Vorstoß aus der Deckung.
Jagd- und Nahrungsaufnahme: Das Beutespektrum reicht von Kleinfischen über Krebstiere bis zu Insektenlarven. Die Jagd erfolgt meist als Ansitzjagd aus kurzer Distanz: Der Flösselhecht verharrt reglos, nähert sich mit minimalen Bewegungen und setzt dann einen explosiven Vorstoß mit kräftigem Saugstoß ein. Orientierung und Beuteerkennung erfolgen primär über Geruchssinn und das Seitenlinienorgan; Sicht spielt in trübem Wasser eine untergeordnete Rolle.
Sozialverhalten & Revier: Außerhalb der Fortpflanzungszeit lebt die Art überwiegend einzelgängerisch. Individuen tolerieren Artgenossen, sofern ausreichend Struktur und Rückzugsräume vorhanden sind; direkte Auseinandersetzungen werden meist durch Meideverhalten gelöst. Größere, strukturreiche Bereiche werden wiederholt aufgesucht und als „Kernareale“ genutzt.
Saisonale Dynamik: Mit einsetzender Regenzeit nutzt der Flösselhecht überflutete Randzonen und temporäre Flachgewässer zur Nahrungssuche; beim Rückzug der Fluten wandert er in dauerhafte Arme und tiefere Becken zurück. Aktivität, Beuteangebot und Oberflächenatmung zeigen dabei eine klare Kopplung an Temperatur- und Sauerstoffschwankungen.
Fortpflanzungsverhalten (kurz): Während der Paarungszeit zeigt das Männchen vermehrte Suchbewegungen und nähert sich dem Weibchen mit schnellen, aber kurzen Verfolgungen. Die Eiablage erfolgt stoßweise in dichter Vegetation; das Männchen umschließt dabei den Hinterleib des Weibchens mit der Afterflosse, befruchtet die frei abgegebenen Eier unmittelbar und zieht sich anschließend wieder in Deckung zurück. Brutpflege findet nicht statt.
Ernährung
Der Flösselhecht (Polypterus ornatipinnis) ist ein opportunistischer Fleischfresser, der ein breites Spektrum an tierischer Beute nutzt. Zu seiner Hauptnahrung zählen kleinere Fische, Garnelen, Krebse und Würmer. Auch Insektenlarven, Schnecken und gelegentlich Aas werden aufgenommen, wenn sie im Gewässer verfügbar sind. Die Jagd erfolgt meist aus dem Hinterhalt: Das Tier lauert bewegungslos, stößt blitzartig vor und saugt die Beute mit kräftigem Maulunterdruck ein. Dabei verlässt er sich stärker auf Geruchs- und Tastreize als auf das Sehen, da die meisten Lebensräume trüb und dicht bewachsen sind.
In der Regenzeit erweitert der Flösselhecht sein Nahrungsspektrum, da überflutete Waldgebiete reich an Wirbellosen und Jungfischen sind. Seine flexible Ernährungsweise trägt maßgeblich zu seiner Überlebensfähigkeit in wechselhaften Habitaten bei. In Gefangenschaft nimmt er neben Lebendfutter auch Frostfutter und gelegentlich fleischige Ersatznahrung an, bleibt aber auf tierische Kost fixiert.
Fortpflanzung
Die Fortpflanzung des Flösselhechts ist eng an die Regenzeit und die damit verbundenen Überflutungsphasen gebunden. Mit steigenden Temperaturen und Wasserständen beginnt das Balzverhalten: Männchen verfolgen die Weibchen aktiv, zeigen intensives Flossenspiel und umkreisen diese mit ruckartigen Bewegungen. Ein auffälliges Merkmal ist die Nutzung der Afterflosse des Männchens, die wie eine Schale geformt wird, um die vom Weibchen abgegebenen Eier direkt aufzufangen und sofort mit Samen zu befruchten.
Die Eier werden anschließend in dichter Vegetation oder zwischen Wurzeln abgelegt, wo sie einen gewissen Schutz vor Fressfeinden finden. Brutpflege durch die Eltern findet nicht statt, die Larven sind auf sich allein gestellt. Nach dem Schlüpfen tragen die Jungtiere äußere Kiemen, die an Amphibienlarven erinnern, bevor sie im Laufe der Entwicklung zurückgebildet werden. Diese urtümlichen Merkmale unterstreichen die stammesgeschichtliche Sonderstellung der Flösselhechte und ihr hohes Anpassungspotenzial.
Gefährdung & Schutzstatus
Der Flösselhecht (Polypterus ornatipinnis) gilt bislang nicht als akut gefährdet, doch sein Bestand ist regional von menschlichen Einflüssen abhängig. Die IUCN führt die Art derzeit nicht auf der Roten Liste bedrohter Arten, da belastbare Populationsdaten aus dem Kongo-Becken fehlen. Lokale Bestandsrückgänge sind jedoch durch Überfischung und die zunehmende Nutzung als Zierfisch im internationalen Handel bekannt. Gerade Jungtiere werden häufig für den Export gefangen, was die natürlichen Fortpflanzungszyklen stören kann.
Ein weiterer Gefährdungsfaktor ist die Veränderung der Lebensräume: Flussbegradigungen, Abholzung in Uferbereichen, Staudammprojekte und Verschmutzungen beeinträchtigen die Wasserqualität und reduzieren Rückzugsräume. Da der Flösselhecht sauerstoffarme Gewässer tolerieren kann, übersteht er Umweltbelastungen besser als viele andere Fische, doch langfristig sinkt die Habitatvielfalt. In der Trockenzeit können kleinere Populationen durch Austrocknung ganzer Seitenarme oder Überschwemmungswiesen komplett verloren gehen.
Internationale Abkommen wie das Washingtoner Artenschutzübereinkommen (CITES) listen den Flösselhecht bislang nicht, doch in mehreren Exportländern wurden lokale Fangquoten eingeführt, um eine Übernutzung für den Aquarienhandel einzudämmen. Schutzprogramme konzentrieren sich vor allem auf die Bewahrung der natürlichen Flusssysteme und Überschwemmungswälder im Kongobecken, da der Erhalt dieser Ökosysteme auch anderen Arten zugutekommt. Langfristig sind wissenschaftlich fundierte Bestandsaufnahmen nötig, um den exakten Gefährdungsstatus der Art zuverlässig einschätzen zu können.
Besonderheiten & Evolution
Der Flösselhecht (Polypterus ornatipinnis) nimmt in der Evolutionsgeschichte der Fische eine Sonderstellung ein. Er gehört zur Ordnung der Flösselhechtartigen (Polypteriformes), die als eine der ältesten Linien der Knochenfische gilt. Fossile Vorläufer lassen sich bis in die Kreidezeit zurückverfolgen, was die Art zu einem lebenden Fossil macht. Seine einzigartige Kombination aus Kiemen- und Lungenatmung gilt als urtümliches Merkmal und erlaubt ihm das Überleben in sauerstoffarmen oder temporär austrocknenden Gewässern.
Ein charakteristisches anatomisches Merkmal sind die kleinen, separaten Rückenflössel, die ihm nicht nur Stabilität beim Schwimmen geben, sondern auch ein Relikt früher Entwicklungsstadien der Fische darstellen. Die Ganoid-Schuppen, die wie kleine Panzerplatten wirken, schützen ihn effektiv vor Verletzungen und sind ein weiteres ursprüngliches Merkmal. Sein Bewegungsapparat, der den Brustflossen eine beinahe „beinartige“ Stützfunktion erlaubt, liefert Einblicke in die Übergangsformen von Fischen zu landlebenden Wirbeltieren.
Wissenschaftlich von besonderem Interesse ist auch die Entwicklung der Jungtiere: Sie besitzen zunächst äußere Kiemen, die stark an Amphibienlarven erinnern, bevor sie zu erwachsenen Tieren heranwachsen. Diese Entwicklungsschritte verdeutlichen, wie eng der Flösselhecht stammesgeschichtlich zwischen Fisch und frühen Landwirbeltieren steht. Daher wird er in der Evolutionsbiologie oft als Modellorganismus genutzt, um den Übergang vom Wasser zum Land besser zu verstehen.
Faszinierende Fakten
Der Flösselhecht (Polypterus ornatipinnis) wird häufig als „lebendes Fossil“ bezeichnet, da seine Anatomie seit Millionen Jahren nahezu unverändert geblieben ist. Seine Fähigkeit, mit einer echten Lunge zu atmen, ermöglicht es ihm, auch in schlammigen Tümpeln oder sauerstoffarmen Gewässern zu überleben – ein Vorteil, den nur wenige Fische besitzen. Auffällig ist auch die besondere Fortbewegung: Mit seinen kräftigen Brustflossen kann er sich regelrecht „abstützen“ und über den Grund schreiten, was an frühe Amphibien erinnert. Jungtiere tragen zunächst äußere Kiemenbüschel, die wie bei Salamanderlarven sichtbar sind und später zurückgebildet werden. In Aquarien gilt der Flösselhecht zudem als ausbruchfreudig: Er kann über feuchten Boden kurze Strecken kriechen, wenn er Zugang zu einem anderen Wasserbecken findet.
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